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Text
Zu den Arbeiten von Pirmin Lang
von Thomas Schlereth
Wie kommt es, dass sich die menschliche Wahrnehmung nicht nur Bilder von der Welt,
sondern auch zu der Welt macht? Keine Wiedergabe und Erinnerung ohne Abwandlungen
und Anklänge von Alternativen. Stets zeigt sich noch etwas anderes. Manchmal ist es nur
ein Hauch, der die Dinge umspielt wie Licht; ein andermal gewinnt das Bilderreich
hinter den Augen mehr Raum, sich einzumischen und auszuleben, und Sinnlichkeit verdichtet sich
wie in einem Gesicht. Träume finden am Tag wie in der Nacht statt.
Während sich das Eigenleben der bildlichen Kraft so gut wie nie zur Ruhe legt, vollzieht es
sich im Stillen. Sämtliche Versuche der Einhegung und Normierung trägt dieses visuelle
Wirken mit Geduld und List. Denn in der Art, wie es sich in jeden Versuch eines genauen
Nachweises seiner selbst erneut hineinwebt, scheint es sich an alldem zu amüsieren. Sein
sanftes Wesen macht sich eindrücklich und auf ein Neues geltend.
Für diese Auffassung des Sehens bildet die Malerei einen Schauplatz im weiten Sinne des
Wortes. Alles Sichtbare erhält den Raum, im Spiegel betrachtender Augen immer schon mehr
zu sein, als ein bloßes Ding unter Dingen. Das Sehen, das sich in einem Bild verkörpert hat,
reichert sich weiter an - vom Wiedererkennen zum Ausloten seiner Möglichkeiten.
In den Bildern von Pirmin Lang findet sich beides. Anhaltspunkte des Bekannten
verschränken sich mit Momenten von Fremdheit. Dergestalt stehen sie da, als würden sie
zum ersten Mal erblickt. Hier geben irritierende Farben dem Geläufigen eine neue Gestalt,
dort nehmen unbekannte Dinge vertraute Farben in sich auf. Gemeinsam bilden sie ein
Gefüge, eine Bildfindung, eine ausgetragene Frage: Wer sieht, wenn ich durch das Sehen ein
anderer werde? Und was sehe ich, wenn das Sehen seinen eigenen Beitrag untermischt? Die
Rätsel des Sichtbaren sind weder objektive Unordnung noch allein subjektives Machwerk.
Dieses Geschehen vollzieht sich auf der Basis dunkler Untermalungen. Sie steigern zum
einen die Kontraste und geben den irisierenden Farben einen wirkungsvollen Raum; zum
anderen tragen sie den Bildern einen Grundton der Verwunderung darüber ein, dass
überhaupt etwas da ist und nicht nichts zur Erscheinung kommt.
In den höheren Lagen hebt sich das chromatische Leuchten zudem gegen Altfarben ab. Auf
ihrer Zurückgenommenheit hallen helle Echos wieder, während sich zugleich das dunkle
Dahinter mitteilt. Diese Ambivalenz zeigt auch der Farbauftrag, der zähe wie fließende
Gefilde kennt. Abermals geht Gegenläufiges ineinander, wobei die Spuren der Bildoberfläche
ein langes Schieben und Abwägen bezeugen. Am Ende stehen die Kontraste ungezähmt vor
Augen. Das bildliche Rangieren gilt mehr der Verstärkung als einem Ausgleich.
So sprechen sich die Malereien von Pirmin Lang für die Erweiterung des Sichtbaren aus, die
im Sehen selbst immer schon angelegt und aktiv ist. Während bloße Phantastik die Kontrolle
in die Hände subjektiver Gespinste oder allzu objektiver Verfahren legt, erkunden diese Bilder
ihre eigenen Mittel, Motive und Wirkweisen, als handelte es sich dabei um Fremdsprachen.
Sie halten das Rätsel ihrer Mitteilungen wach und tragen es weiter.
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